- 312 eigentlich Bekenntnis- und Erziehungsbücher. Landläufige Romanhaftigkeit, stark aufgetragene Charakteristik der oft konventionellen Naturen und al zu aufdringende Tendenz stören überall, und so wird derjenige, welcher ihre liebenswürdige und tiefe Persönlichkeit ungetrübt genießen will, ihre tiefsinnigen Aufsätze, ihre entzückenden Aphorismen, ihre vorzüglichen Briefe ihrer Belletristik vorziehen müssen. In derselben Bürgerwelt, aus der und für die diese Schriftsteller schufen, wurzelte auch Alois Voj te ch Smilovsky (1837-1883), der jedoch schon den Übergang zum Realismus vermittelt. Liest man die in Böhmen ungemein beliebten Novellen und Romane von Smilovsky nacheinander und konstruiert sich nach der Lektüre das Bild des Autors, so muß man unwillkürlich an den wackeren Meister Anton aus Hebbels Maria Magdalene denken: man findet da seinen kleinbürgerlichen Tugendstolz, seine strenge unbarmherzige Moral, sein schonungsloses Pflichtgefühl, aber auch seine kleinstädtische Beschränktheit, sein kleinliches Haften an allen hergebrachten Gewohnheiten, seine philiströsen Vorurteile. Smilovsky war ja selbst eine Verkörperung der cechischen Kleinstadt; in einem nordböhmischen Städtchen war er geboren und erzogen, in einer Kleinstadt unterhalb des Böhmerwaldes hat er als Professor gewirkt, in einer ostböhmischen Stadt hat er sein Leben beschlossen. Und so war er gewiß berufen, diese Kleinwelt in ihrer liebenswürdigen Albernheit und in ihrer schlichten Anmut darzustellen. Die altmodischen Gestalten der Kleinstadt, denen er auch die verborgensten Schwingungen der Seele abgelauscht hat, grüßen uns in seinen Novellen, von denen ich nur den vorzüglichen »Krupaf Kleofas« (»Grützhändler Kleophas«, 1875) nennen will, so lebendig als kaum bei einem anderen zeitgenössigen Novellisten; malerische Häuser mit bizarren Barockgiebeln , altertümlichem Geräte, abgenutzten kolossalen Möbeln winken uns einladend zu, und endlich eröffnet der Dichter vor unseren Augen eine zarte, duftige Erinnerungsperspektive aus seiner glücklichen Knabenzeit, von der er besonders in seinen »Rozptylene kapitoly« (»Lose Kapitel«, 1873-1881) mit liebenswürdigem und schalkhaftem Humor erzählt. Doch dieses stimmungsvolle Bild soll uns nicht lange ergötzen; Smilovsky erinnert sich plötzlich seines pädagogischen Amtes, dessen er nicht nur als Gymnasiallehrer und Schulinspektor , sondern auch als Schrift-