- 314 zu schaffen, deren Lebendigkeit ganz unvergeßlich war. Die schöne Heroine Otilie Sklenäfova MaU (1844-1912) bewegte sich mit einer edlen Einfalt und stillen Größe auf dem tragischen Kothurn und stellte sich gern in den Dienst der klassischen Kunst Shakespeares oder Schillers. Und ähnlich stand es auch mit den litterarischen Richtungen in dem cechischen Drama: neben Shakespeare wurde Scribe, neben Schiller Augier nachgeahmt. Die Herrschaft Shakespeares über die cechische Bühne dauerte jedoch am längsten und brachte zahlreiche, wenn auch meist unbedeutende Früchte. In den Jahren 1854-1872 ist eine vollständige Shakespeare-Übersetzung in dem Verlage der verdienten »Matice ceska« erschienen, welche zwar steif und unpoetisch, aber treu und verläßlich ist, da eher Gelehrte als Dichter sie besorgt hatten. Dann veranstaltete im Jahre 1864 der Zentralverein der cechischen Künstlerschaft, die »Umelecka Beseda~, eine imposante Shakespearefeier. Der Dichter Halek hat in zahlreichen historischen Tragödien Shakespeare nachgeahmt, dabei zumal auch vergröbert und karikiert; patriotische Stücke, die von Mikovec, Fric, Pfleger, Vlcek gepflegt wurden, waren teils von Shakespeare , teils von Schiller beeinflußt; die mächtigste Erscheinung aus jener Zeit der cechischen Shakespearomanie ist aber der bereits erwähnte Schauspieler J 0 s e f J i ff K 0 I ar. Der ungemein belesene, philosophisch geschulte, vielbereiste und sprachkundige Mankam von der deutschen Romantik her: Hegel war der Meister seines Denkens, Jean Paul und E. T. A. Hoffmann die Vorbilder seines Stils, die romantische Ironie beherrschte sein ganzes Wesen und verblüffte mit der bizarren Mischung von Humor, Phantastik und Sarkasmus die mittelmäßige Umwelt. Als formgewandter Nachahmer, als verwandlungsseliger Nachempfinder suchte Kolar, der als Kritiker und Polemiker gefürchtet war, seinesgleichen; schöpferisches Vermögen besaß er aber nicht. Seine wildromantischen, burlesk ausgestatteten Altprager Erzählungen, die er in den fünfziger und sechziger Jahren veröffentlich te , haben nur ein kulturhistorisches Interesse; höher stehen die historischen Trauerspiele des kräftigen, aber allzu willkürlichen Übersetzers der Shakespeareschen, Goetheschen und Schillerschen Tragödien. Über das Gebiet der Theatralik herrscht J. J. Kolar ganz absolut: sein Pathos ergreift, seine großen