409 steigerten Dasein und haßte ehrlich die ihn drückende gesellschaftliche Misere des cechischen öffentlichen Treibens. Von der Litteratur verlangte er bedeutenden gedanklichen Inhalt, lebhaftes Interesse für religiöse und sittliche Fragen, für politische und ökonomische Probleme; er hat sein Augenmerk auf die Arbeiterund Frauenfrage gerichtet; er verurteilte mit bitterer Verachtung die Kleinstädterei, die Sentimentalität, den Konventionalismus des gleichzeitigen cechischen Schrifttums. Das größte Aufsehen erregten aber seine politisch - philosophischen Aufsätze in der realistischen Zeitschrift »Cas« (»Zeit«), wo er mit düsterer Verzweiflung seine Ansichten über die Nichtigkeit des aussichtslosen nationalen Kampfes klargelegt hat; man übersah, daß aus diesen »hochverräterischen« Zeilen ein lebensmüder, kranker Geist sprach, der vom Leben tückisch betrogen war. Immerhin wirkte H. G. Schauer, dessen kritische Aufsätze noch der Sammlung harren, auf die Jugend sehr anregend; obzwar er kein eigentliches Verständnis für die ästhetischen Fragen hatte, befruchtete er die cechische Kritik ungemein. Doch das Verdienst, daß dieselbe aus einer starr doktrinären Disziplin, welche von engherzigen und pedantischen Krittlern mit schulmeisterlichen Grundsätzen und Manieren oder aber von hausbackenen Moralpredigern beherrscht worden war, zu einer selbständigen Gattung, zu einer autonomen Kunst erhoben wurde, - dit:;ses Verdienst gebührt Fra n t i s e k X. S al d a (geb. 1868), dem entschieden bedeutenderen Freunde H. G. Schauers. Dreierlei ist bei F. X. Salda bemerkenswert: sein Stil, seine Methode, seine Persönlichkeit. Salda hat eine neue kritische Sprache geschaffen, die aus einer eigentümlichen Mischung von Elementen entstanden ist: das poetische Pathos berührt sich hier mit der wissenschaftlichen Terminologie; die lyrische Metapher wechselt mit fachpsychologischem Ausdrucke; eine farbenreiche Reihe von andeutenden Analogien paart sich mit streng präzisierender Abgrenzung; geistessprühende Ironie des gefürchteten Polemikers durchsetzt den erhabenen Fluß der Rede, in welcher man den feinen Lyriker und den formgewandten Meister der Novelle erkennt. Saldas Gedichte, die bisher der Sammlung harren, mußten zuerst den dekorativen Standpunkt der französischen Parnassisten überwinden, bevor sie die eigentlich lyrische Weihe empfangen haben; dann konnten sie den blutigen Kampf des zarten Herzens