- 423 transzendenten kosmischen Bau. Der Dichter selbst verschwindet ganz hinter seinem Werke. Als ganz junger Mann kam der südböhmische Landsmann von Chelcicky und Hus, mit denen er das tiefe religiöse Gefühl teilt, nach Mähren, und hier lebt er, ein Bürgerschullehrer von Beruf, in einem weltverlorenen Städtchen, ganz einsiedlerisch. Seit zwölf Jahren ist auch seine Dichtung verstummt; der gelehrte Denker, der sich immer mehr in philosophische und naturwissenschaftliche Bücher vertieft, hat den Poeten vernichtet. In seinem ersten Buche, »Tajemne dalky" (>Geheimnisvolle Fernen", 1895), über dem düstere Wolken jugendlicher Melancholie lagern, sang der Dichter noch über die trauervolle Schönheit dieser Erde, über die verschwiegene Tragik einer scheuen verträumten Erotik, über die schmerzhafte Nichtigkeit einer ungelebten Jugend, über die dunkeln Geheimnisse der Vererbung und der Rasseneinheit in entzückend musikalischen und dabei verschwenderisch farbenreichen Versen. Aber schon in seiner zweiten Sammlung, dem prächtigen Übergangsbuche >Svitani na zapade" (>Die Morgendämmerung im Westen«, 1896), verläßt Bfezina die analytische Stimmungslyrik , ja, das diesseitige Bereich der individuellen Erlebnisse, der irdischen Existenz, um sich ausschließlich der metaphysischen Konzeption, dem mystischen Symbolismus, der synthetischen Kunst zuzuwenden.. Von den riesenhaften Adlersflügeln der dichterischen Vision getragen, von dem mystischen Windeswirbel der Ekstase getrieben, stürzt der Dichter zu dem kosmischen Mittelpunkt des Weltalls. Doch seine streng wissenschaftliche Erkenntnis und seine einwandfreie konstruktive Logik läßt ihn bei seinem schwindeligen Fluge in die luftigen Gegenden der Abstraktion das Gleichgewicht nicht verlieren, so daß es Bfezina bereits gelungen ist, ein neues ganz gesetzmäßiges System der Mystik zu schaffen, welches der exakten Denkart und dem leidenschaftlichen Pulsschlag der modernen Zeit durchaus entspricht. In dieser Mystik, die neben dem Neuplatonismus und der christlichen Geheimlehre auch naturwissenschaftliche, der positiven Forschung entnommene Ideenelemente mit einem Maeterlinckschen Gedankenpathos verarbeitet, kehrt ein grandioser Gedanke immer wieder: das gesamte Weltalist in endloser Evolution, in ewiger Entwicklung begriffen, an der alles Denken und Geschehen, sämtliche Individuen und