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waren es die »Kandidaten der Unsterblichkeit« aus der Prager
Boheme, später der typische Prager Hausherr, Spießer und
Bonvivant Matej Broucek, die er zum Mittelpunkte seiner
Halbromane gewählt hat.

Die Popularität Cechs im Publikum ist bedeutend größer
als sein Einfluß in der Litteratur; im ausgesprochenen Kontrast
zu Vrchlicky hat er keine eigentliche Schule gegründet. Einige
Dichter stehen ihm allerdings ganz nahe, indem sie auch
panslawistische und national demokratische Gedichte schreiben, und
indem sie die vaterländische Geschichte und Sage zum
Ausgangspunkte ihrer wortreichen Meditationen machen; doch als
seine unmittelbaren Schüler dürfte man sie doch nicht
bezeichnen. Nur drei hierher gehörende Dichter will ich nennen,
den kernigen Balladendichter Ladislav Quis, die pathetische
Tendenzpoetin Eliska Krasnohorska und den poetischen Epigonen
Frantisek S. Prochazka.

Der Rechtsanwalt Lad i s I a v Q u i s (geb. 1846) ist ein
gründlicher Litteraturkenner, bei dem ein sorgfältiges
poetischhistorisches Studium Hand in Hand mit der Dichtkunst geht.
Er ist mit den altschottischen Balladen und mit Goethes Balladistik
innig vertraut, auch sind die knappen, straffen und gerundeten
Balladen im Volkston vielleicht sein Bestes. Er hat die beiden
Meister der volkstümlichen Lyrik, seinen Landsmann
Celakovsky und den russischen Burns A. V. Kolcov mit
Geschmack ediert und eingeleitet und von ihnen die leichte,
sangbare Grazie des Volksliedes gelernt. Er war einer der ersten,
welcher in Havliceks Reimen die derbe, witzige,
holzschnittartige Poesie entdeckt hat, und es gelang auch ihm in seinem
humoristischen Romanzenzyklus »Hloupj Honza" (»Der dumme
Hans«, 1880), diesen Ton meisterhaft zu treffen. - Die
Schattenseiten der Tendenzpoesie Sv. Cechs findet man in
wünschenswertester Vollständigkeit in den Dichtungen von EI i s k a
Kr asn 0 h 0 r s k ä (eigentlich Eliska Pechova , geb. 1847): ein
fader Liberalismus, ein vager Panslawismus, ein phrasenhaftes
]ungcechentum werden hier von einer leidenschaftlichen und
aufopfernden Patriotin, einer überzeugten und sehr verdienstvollen
Frauenrechtlerin mit blecherner Rhetorik, mit unbändigem
Verbalismus, mit einer grellen Farben- und Bilderbuntheit verkündet;
landschaftliche, oft vom mädchenhaften Zauber angehauchte