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nur deshalb, daß sich seine Romane fast ausschließlich im
Böhmerwalde bewegen. Während Stasek ein zäher, in sich gekehrter,
grübelnder Charakter, ein nüchterner, sachlicher Beobachter, ein
düsterer, ernster Denker, ein kunstloser, manchmal sogar
unbeholfener Erzähler ist, weiß der frische, bewegliche Klostermann den
Leser durch spannende Handlung, durch leichte, anmutige
Erzählungskunst, durch angenehmen Plauderton selbst auf die Dauer
zu fesseln. Als deutsch schreibender Nachfolger der beiden
vorzüglichen Dichter des Böhmerwaldes, Joseph Rank und Adalbert
Stifter, hat Klostermann seine Tätigkeit mit den anmutigen
bBöhmerwaldskizzen« (1890) begonnen. In seinen breit angelegten
Erzählungen aus dem Leben der Holzfäller, Heger und
Glasarbeiter des Böhmerwaldes - die umfangreichen Romane b Vraji
sumavskem« (,Im Paradiese des Böhmerwaldes«, 1893) und »Ze
sveta lesnich samot« (bAus der Welt der Waldeinsamkeitc,
1894), welche eine große Reihe verwandter Bücher eröffnen,
sind wohl die besten - dringt er allerdings nie in die Tiefe.
Geschickt flicht er den konventionellen, erotischen Faden in eine
eingehende Schilderung der eigenartigen Lebensverhältnisse an
der böhmisch - bayrischen Grenze ein; leidenschaftliche Szenen
umrahmt er gewandt mit breiten, lyrisch angehauchten
Landschaftsschilderungen, und so erwarten den Leser, der ja bei
Klostermann keine feinere Psychologie, keine realistische Kunst
suchen darf, immer neue Überraschungen. Auch gehören seine
Bücher wohl zu dem Besten, was die cechische Litteratur auf
dem Gebiete des Unterhaltungsromanes aufzuweisen hat.

Keinem von diesen Novellisten wurde ein ähnlicher Erfolg
zuteil, wie ihn am Anfange der neunziger Jahre K. V. Rais
ernten konnte; kaum hatte er in zwei Bänden seine Erzählungen
aus dem nordböhmischen Volksleben gesammelt, erklärte ihn das
begeisterte Publikum, dem auch die Kritik aufrichtig zustimmte,
für seinen Liebling, und man knüpfte die schönsten Hoffnungen
an seinen Namen, als ob mit ihm die langersehnte realistische
Kunst in Böhmen eingezogen wäre. Doch dieser Erzähler, dessen
Gesichtskreis seine engen Grenzen hat, konnte nicht mehr bieten,
als was bereits in seinen allerersten Büchern enthalten war; er
wiederholte sich später immer, erweiterte in seinen großen
Prosawerken den seelischen Inhalt seiner kürzeren Novellen, machte
dem sentimentalen Geschmacke seiner Leser immer neue Zu-