- 266

Dagegen blieb die Gunst des Publikums immer dem Lyriker
Halek zugewandt. Dieser, nachdem seine Dramen, die in der
Entwicklungsgeschichte des böhmischen Theaters ein Kapitel
für sich bilden, den erwarteten Erfolg nicht hatten, widmete
seine besten Kräfte einer neuen Liedersammlung )ln der Nature
(1872-1874). Es sind wiederum kleine landschaftIT~iie Biid~hen
und Naturskizzen, anmutige, oft kecke Liebeslieder, wie in seiner
älteren Sammlung; hie und da spukt noch immer Heine und
Lenau; oft wird der erhabene Naturpantheismus zu einer
Naturschwärmerei verwässert. Doch der erotische GefühlsduseI ist
schon gänzlich überwunden; es meldet sich vielmehr ein köstlicher
Humor, eine vorzügliche Detailmalerei. Aber wenn der Dichter
philosophisch meditieren will, werden seine Gedanken über die
ewig gültigen Naturgesetze oft zu bösen Gemeinplätzen, deren
süfslicher Optimismus auf die Länge ganz unverdaulich ist. Der
Dichter versöhnt jedoch bald seinen verstimmten Leser, indem
er mit ein paar plastischen Bildern, in wenigen kräftigen Versen
das geheimnisvolle Waldweben und Waldrauschen hervorzuzaubern
weifs.

Dieses Versbuch wirkte auf die cechische Lyrik am stärksten;
selbst Jaroslav Vrchlicky, dessen poetische Kunst ihre Anregungen
gröfstenteils von der ausländischen Dichtung empfangen hat,
liefs es in seiner Jugendzeit auf sich wirken; wogegen sich
Svatopluk Cech an Haleks byronistische Verserzählungen
angeschlossen hat. Von Haleks hübschen Novellen aus dem
Volksleben konnte die realistische Prosadichtung erst später
manches lernen.

Haleks berückende Persönlichkeit und leicht zugängliche
Poesie stellten seinen treuen Kommilitonen und Freund, den weit
bedeutenderen und tieferen Künstler ~ N ~)~·U gl1_-C!834::::.1_~~,
sehr lange in den Schatten. Man sah in ihm jahrelang nur
einen begabten Journalisten, einen flotten Causeur, einen
anmutigen Stilisten, der alle Spielarten der leichten
Prosaskizze , vom ausgelassenen Feuilleton bis zur genrehaften
Kleinmalerei des modernen Lebens, von der farbenreichen
Reiseschilderung bis zum geistreichen Theaterberichte meisterhaft
beherrschte; man nahm zugleich an, daIs seine dünne lyrische
Quelle, die er in seiner Jugendzeit durch Röhren und
Druckwerk aus sich heraufpressen mufste, vollständig versiegt sei, und