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fach darzutun, wie die Dinge eigentlich gewesen seien. Dabei
war er ein streng Konservativer und ein treuer, kirchlich gesinnter
Katholik, fUr den jede Empörung gegen die kirchliche
Obrigkeit ein Greuel war; und nicht umsonst hat die Wiener Regierung
in ihm und in seinem Freunde, dem späteren Unterrichtsminister
J 0 s e f J ire c e k (1825 -1888), einem fleifsigen litterarhistorischen
Sammler und gelehrten Bibliographen des älteren Schrifttums,
ihre Vertrauensmänner gesucht. Doch war Tomek, dessen
Temperament das eines trockenen und ordnungsliebenden
Pedanten war, ein Held der unermudlic:hen Arbeit. Er hat die
Geschichte der Prager Universität geschrieben, eine eigenartige
Monographie über Zizka verfafst, der österreich ischen
Staatsgeschichte neue Bahnen gewiesen, aber sein Hauptwerk, an dem
er seit 1855 bis zu seinem Tode gearbeitet hat, bleibt »Die
Geschichte der Stadt Prage, die in ihren zwölf Bänden nur bis
zu der Schwelle des 17. Jahrhunderts reicht, aber doch vielleicht
blofs mit Gregorovius' »Geschichte der Stadt Rom« zu messen
ist. In einer Hinsicht ist sie jedoch auch jener monumentalen
Stadtmonographie überlegen: Tomck hat darin die allgemeine böhmische
Geschichte zum ersten Male nach Palacky von neuem geschrieben
und besonders die Hussitenkriege ausführlich behandelt. Diese
Wiedererweckung des altertümlichen Prag, wenn Tomeks
Darstellung auch trocken und pedantisch ist, kam auch der historischen
Novellistik sehr zustatten. Ein anderes, ebenso fleifsiges und
reichhaltiges Werk, dem jedoch die sichere kritische Methode
und der streng wissenschaftliche Standpunkt fehlen, hat der
Gymnasialprofessor August Sedlacek (geb. 1843) geschaffen.
In seinen »Burgen, Schlössern und V esten des Königreichs
Böhmen« (seit 1881, bisher 13 Bände) hat er eine bis in das
unbedeutendste Detail eingehende Geschichte des altböhmischen
Adels in monographischer Form und topographischer Reihenfolge
geschrieben und dadurch den historischen Novellisten ebenfalls
ein willkommenes Hilfsbuch geschaffen.

Allein der Novellist, welcher aus Sedlaceks riesenhaftem,
durchaus in hussitischem Geiste verfafsten Werke am nach·
haltigsten und dankbarsten hätte schöpfen können, der begeisterte
Chronist und elegisch beanlagte Pathetiker Va c I a v Ben e ~
Trebfzsky (1849-1884), hat nur die allerersten Bände dieses
monumentalen Hilfsbuches erlebt; in seinem 35. Jahre hat der