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veröffentlichte die Spätfrüchte seines bereits erll\~menden Talentes;
der treue Jünger Kollars, Ludovit Zello (1809-1873) besingt
in seinem romantischen Epos »Des Miliduch Fall« (1862), die
traurigen Geschicke der elbslawischen Stämme; der fruchtbare
Viliam Pauliny T6th t1826-1877) und der frühverstorbene
Lud 0 v ft Ku ban i (1830-1869) wollen durch ihre historische
Novellistik, die ungefähr dem cechischen historischen Genre von
jirasek entspricht, unmittelbar auf das nationale BewuIstsein ihres
Stammes einwirken.

Dann macht die magyarische Regierung in den ersten siebzig
Jahren dem schönen litterarischen Aufblühen ein unbarmherziges
Ende: ein stolzer, gewaltsamer Zentralismus verschliefst
slowakische Schulen, verbietet slowakische Zeitschriften, hebt patriotische
Institutionen wie die »Matica Slovenska« auf; die Schwachen
und Unbeständigen weichen der Gewalt, die Starken verstummen
hoffnungslos. Der passive, träumerische Charakter der Slowaken,
der nebelhafte, halbmystische Idealismus, zu welchem die
slowakische Intelligenz die Hegeische Lehre verarbeitet hat, waren
gegen die gewaltsame Persekution ganz kraftlos. Einige Patrioten
wollten in dieser verzweifelten Bedrängnis wieder zur
Gemeinschaft mit den Cechen zurückkehren, zumal da mehrere cechische
Schriftsteller, wie Heyduk und besonders der zähe und
eigensinnige Vorkämpfer der cechoslawischen Wechselseitigkeit Rudolf
Po korny (1853-1887), ein zarter aber eintöniger Lyriker, in
Böhmen für die Slowakei warben. Andere Schriftsteller sahen
dagegen, daIs man eine so tiefgehende Entfremdung kaum so
rasch und schnell gut machen könne, und wollten daher den
alten separatistischen Traditionen treu bleiben und dieselben mit
künstlerischem Fortschritt vereinigen.

Auf drei von ihnen ist die moderne Slowakei besonders
stolz: auf den Novellisten Svetozar Hurban Vajansky, auf den
anmutigen realistischen Genremaler Martin KukuCin und auf
ihren gröfsten Poeten Hviezdoslav. Svetozar Hurban
Va ja n s k y (geb. 1847), der gleich seinem Vater ein beredter
Publizist und ein separatistischer Organisator ist, veröffentlichte
zuerst einige Versbücher, die, sich an Halek und Heyduk formal
anschliefsend, slawisch-romantische Ideale schlicht und rührend
besingen, dann war er eine Zeitlang in der Schule Turgeniews
gewesen und bürgerte nachher lyrischen Realismus in der

Jakubec-Novak, Cecbilcbe Litteratur. 20