361

heit mitleidig und verständnisvoll aufsucht und für sein Recht
auf Liebe, auf Mutterschaft, auf Arbeit eintritt. So malt er in
dem poetischen Buche .Hier sollten Rosen blühen« (1894), das
von Jakobsen mehr als sein Motto empfangen hat, mit weicher
Pastelltechnik feine, nervöse Frauenbildnisse aus der Gegenwart,
denen der Schmerz eine Heiligenglorie verleiht. So erzählt er
in seinem satirischen Versepos :tMagdalena« (1894, deutsch von
Fux-Jelensky, Wien 1904) die tragische Geschichte eines Prager
Freudenmädchens, das lieber zum Laster zurückkehrt als in der
heuchlerischen kleinstädtischen Gesellschaft zu leben, die ihr das
Recht der sittlichen Wiedergeburt nie zuerkennen wird.

Nachdem Machars intime Schmerzen ausgetobt waren,
nachdem cr das zersetzende Scheidewasser seiner Kritik und seiner
Ironie ausgeschüttet hatte, zeigte er auch sein ruhigeres,
objektive~, goethisch geklärtes Gesicht. Er hat in einem herrlichen
gereimten Versebuch seinen »Ausflug auf die Krim« (1900)
beschrieben, wo er den barbarischen Süden in den frischesten
Farben und in breitem Sonnenlichte erglänzen lieIs. Er hat zwei
Versbücher über die Antike, :t Im Strahl hellenischer Sonne« und
>Das Gift aus Judäac (beides 1907 deutsch von Boos Waldeck)
veröffentlicht, wo er sich entschieden von der kraft- und
mutlosen Gegenwart und von dem asketischen, mittelalterlichen
Christentum abwendet, um seine klare, schwungvolle, oft geradezu
skulpturale Verskunst in den Dienst der Hellas, des Imperium
Romanum, des lebensfrohen Heidentums und der. stoischen
Philosophie zu stellen. Griechenland liegt diesem scharfen Logiker,
diesem aufgeklärten Poeten allerdings etwas fern, und es
kandarüber kein Zweifel walten, dafs der sinnliche Heide Vrchlicky
ein viel besserer Hellene ist als Machar, der etwa im 18.
Jahrhundert seine Gesinnungsgenossen finden dürfte. Ganz vortrefflich
ist dagegen alles, was Machar aus dem .römischen Altertum
dar~estellt hat. seien es die tief intuitiven Charakteristiken aus der
römischen Kaiserzeit, deren Reihe bereits in seinem
fragmentarischen Buche :t1893-1896c (1896) durch einige Gedichte eröffnet
wurde, seien es die gedrungenen äuIserst lebendigen Geschichten
aus der römischen Republik, seien es endlich seine impetuösen
Feuilletons :tRomc (1907, deutsch von E. Saudek). Doch die
höchste Wirkung erzielt Machar, sobald er sich in die
widerspruchsreiche Periode des werdenden Christentums vertieft: er haIst das