- 339 verborgensten und unbedeutendsten mitwirkenden Faktoren des cechischen nationalen Wiedererwachens. Überall betont Jirasek in diesen kollektiven Chroniken der Massenbewegungen sein nationales Stammesbewußtsein, seine innig erfaßte Angehörigkeit zu dem Bauernvolke, seinen entschiedenen Sinn für die lokale Eigenart sowie für den traditionellen Zusammenhang mit der Vergangenheit: dieser Volkserzähler verwaltet pflichtgetreu das Amt eines Volkspädagogen. Und Ähnliches gilt von Jiraseks szenischen Arbeiten, die man kaum gesetzmäßige Dramen nennen kann, da hier nur eine bunte Folge frei aneinander gereihter Szenen geboten wird, seien sie aus dem Volksleben, wie in) Vojnarka« (1891), )Lucerna« ()Die Laterne«, 1905, deutsch von Sp. Wukadinovic, 1906) oder aus dem Hussitenkriege, wie in )Zizka« (1903) und »Jan Hus« (1911) oder endlich aus der Geschichte der elb-slawischen Volksstämme, wie in )Gero« (1905, deutsch von M. Andricki, Bautzen 1906). Dem trefflichen kulturhistorischen Kleinmaler wird man also sein Lob weder in diesen dramatischen noch in jenen epischen Arbeiten verweigern können, wenn man auch eine tiefere geschichtsphilosophische Auffassung überall beinahe schmerzlich vermißt. Ganz anders steht es aber um Jirasek den Künstler: seine Psychologie ist seicht und konventionell; seine Erotik ist entweder sentimental oder langweilig; seine Moral ist engherzig und spießbürgerlich. Vergebens sucht man bei ihm nach einer tatsächlich heldenhaften Erscheinung, die man rein menschlich bewundern könnte; vergebens nach einem tragischen Schicksale, vergebens endlich nach einer großen Weltidee, die doch bei keinem wirklich großen modernen historischen Romandichter, sei es Flaubert oder Tolstoj oder K. F. Meyer, fehlt. Feinere Qualitäten der Komposition und des Stils vermißt man bei Jirasek allzu schmerzlich. Seine oft sehr dickleibigen Bücher haben keinen strengen, einheitlichen Aufbau, sondern sie sind nur rasch und leicht hingeworfen. Das überflüssige Schnörkel werk erdrückt nicht selten die eigentliche Handlung ebenso wie die Nebenfiguren oft die wichtigen Träger der entscheidenden Geschehnisse verdrängen. Jirasek schreibt knappe, ja abgehackte, manchmal elliptische Sätze, welche im Dialog kräftig, in der Darstellung aber peinlich wirken, seine Schilderung ist kurzatmig und nüchtern und bevorzugt die analytischen Einzelheiten 22*