359 und die sensualistischen Dichter der Liebe und des Genusses liegen ihm allerdings am nächsten; seine Übersetzungen von Tasso, Camoens und Hugo bleiben wohl unübertroffen. V rchlicky genügte es nicht, die W el tlitteratur seinen Landsleuten durch Übersetzungen und Nachdichtungen zu vermitteln; auch als Litterarhistoriker und Kritiker diente er unermüdlich und verständnisvoll dem Geistesaustausche zwischen Böhmen und Westeuropa. Seine erstaunliche Belesenheit in der modernen Dichtung aller Nationen, die Breite und Vorurteilslosigkeit seiner ästhetischen Anschauung, sein feiner Sinn für die technich formale Seite der Dichtkunst befähigten ihn wie keinen anderen, die verschiedenartigsten Schriftsteller zu genießen, zu erklären, zu beurteilen. Dogmatisch-ästhetische Wertschätzung lag ihm ebenso fern wie streng historische Methode: er malt einfach Bildnisse, er skizziert rasch und oft intuitiv scharfe Charakteristiken und lehnt sich dabei eher an die impressionistische Manier eines Lemaitre als an die biographische Kunst eines Sainte Beuve an. Besonders fand die moderne französische Litteratur in Vrchlicky ihren feinsinnigen Deuter, aber auch über die Erscheinungen des cechischen Schrifttums hat er manches eigenartige und treffliche Urteil gefällt. Neben der modernen Litteratur hat auch die Antike V rchlicky beeinflußt; doch in seinem Verhältnisse zu dem Griechentum - die Römer kommen bei Vrchlicky kaum in Betracht - begegnet man abermals einem inneren Widerspruche. Man muß nämlich bei ihm zwei entgegengesetzte Auffassungen der Antike genau unterscheiden. Einmal ist er ein strenger, goethisch gesinnter Hellenist , der die Götter Griechenlands in ihrer edlen Einfalt und stillen Größe· wieder zu erwecken strebt, und dessen Träume dem Zeitalter entgegenfliegen, »wo die Götter menschlicher noch waren und die Menschen göttlichen:; wir können uns nur freuen, daß die Mehrzahl von Vrchlickys antikisierenden Gedichten und Dramen in diesem Geiste gehalten ist. An der Grenze der achtziger und neunziger Jahre machte sich aber bei V rchlicky eine entgegengesetzte Auffassung der Antike geltend, für die er die treffende Bezeichnung »Hellas im Rokokogewande geprägt hat. Die griechische Mythologie wird da zu einem bunten, anmutigen, bisweilen auch frivolen Mummenschanz, wo die lustige, leichtsinnige, adelige Gesellschaft, wie