360 sie Crebillon und Wieland besangen und Fragonard malte, sich in die Kostüme des göttlichen Olymp gekleidet. Vom entwicklungsgeschichtlichen Standpunkte lassen sich in dem ungeheueren dichterischen Schaffen Jaroslav Vrchlickys vier Perioden nachweisen. In der ersten Periode, die bis zum Jahre 1879 reicht, ringt der junge Dichter mit der einheimischen Tradition, löst sich endlich von ihr los, um den romanischen Vorbildern zu folgen; der trübe Pessimismus kämpft hier mit der Lebensfreude, der anerzogene Spiritualismus mit der noch gedämpften Sinnlichkeit. In dem folgenden Zeitraume von fünfzehn Jahren (1879-1894) steht der selbstbewußte Sensualist und Optimist im Höhepunkt seines Schaffens: alle Dichtungsformen beherrscht sein raffiniertes Künstlertum, welches stark von der französischen Poesie abhängig ist; sein Gedanke huldigt einem verwandlungsfähigen Eklektizismus; mächtige formalistische Neigungen sind bemerkbar; am Ende dieses Abschnittes meldet sich jedoch ein sichtbares Nachlassen der Kräfte und ein peinlicher Mangel an Selbstkritik. In dem nächsten Jahrzehnte (1894 -1903) ist sein Himmel verhängt, sein Gedanke finster, ja pessimistisch, seine Sinne müde und dumpf. Der gereifte Manhat mit allen Illusionen der Liebe und der Gerechtigkeit gebrochen , doch hat sich sein Schmerz in das stille Asyl der Resignation geflüchtet. Sein poetischer Stil verpönt nun die frühere grelle Farbengebung, die rhetorischen Mittel der Antithese und der Hyperbel, auch gewagtes Virtuosentum wird jetzt dem Dichter verhaßt; dafür gewinnt seine Dichtung an melodischer, warmer Innigkeit. Die letzten vier Jahre der poetischen Tätigkeit Vrchlickys (1904-1908) bedeuten die endgültige Überwindung der vorangehenden düsteren Übergangszeit; der mit Welt und Menschen versöhnte Dichter entdeckt neue Lebenswerte und findet neue Gründe zur bejahenden Weltanschauung: des endlich erlösten Menschensohnes Herz ergießt sich in neuem Pathos und bisher unbekannter Melodik. In allen diesen vier Perioden warf Jaroslav Vrchlicky mit einer fast fieberhaften Hast, mit einer nimmermüden Arbeitslust ein Werk nach dem anderen auf den Markt und füllte fast täglich seine künstlich geschliffenen und üppig geschmückten Becher mit jungem, unausgegorenem Wein, ohne sich überhaupt darum zu bekümmern, ob die dankbaren und freundlich gesinnten Gäste