365 klingt, damit ein anderes Mal daraus das feinste Solo einer Virtuosenvioline hervorschluchze. Eine Gruppe für sich bilden Vrchlickys formvollendete Sonettensammlungen ; diese durch Kollar in Böhmen eingebürgerte romantische Kunstform wird durch Vrchlicky verjüngt und mit strengerer, an klassische Muster sich anlehnender Zucht beherrscht. In zwei Serien, »Sonety samotafe« (»Sonette eines Einsiedlers«, seit 1885, drei Sammlungen) und »Hlasy v pousti« (»Stimmen in der Wüste«, 1890) erschienen sie, größtenteils der schwungvollen Meditation über nationale und ästhetische Probleme geweiht. Seit 1894 herrscht bei V rchlicky eine 'neue, bisher ihm ganz fremde Weise. Nachdem der Vierzigjährige sein leben- und kraftstrotzendes Buch »Neue Fragmente der Epopöe« veröffentlicht hatte, kam in der strengen und finsteren Sammlung »Okna v boufi« (»Fenster im Sturme«, 1894) zum ersten Male ein herber, ätzender Ton zur Sprache, der auch seiner Erotik einen bitteren, peinlichen Beigeschmack gibt. Bald erklang diese traurige Melodie ganz gewaltig in den »Pisne poutnika« (»Lieder eines Pilgers«, 1895), deren ernste Einfachheit und herbe Weisheit ganz abseits von allen seinen übrigen Dichtungen stehen und das gesamte Menschenleben mit einem unheimlichen Zauberstabe in ihren dunkeln Anschauungskreis bannen. Seither ertönten diese trüben Motive in Vrchlickys gesamter Lyrik, die zugleich das Stadium des Verfalls durchmachen mußte. Es waren müde Bücher, in Schwarz und Grau gehalten, auf Moll gestimmt; jeder Reichtum an Bildern und sonstigem poetischen Beiwerke, alle feine Formkunst und edle Verstechnik waren aus ihnen verbannt; die einfache Weise eines schlichten Volksliedes, die klare antike Strophe mußten herhalten, um des verstimmten Dichters melancholische Klagen, elegische Erinnerungen, stoische Betrachtungen auszudrücken. Die »Mimosenseele« (»Duse mimosa«, 1903) heißt ein Buch dieser Periode, und durch diese Bezeichnung wird der Dichter am besten charakterisiert. Er, der so zu jauchzen wußte über die Feste der jungen Sinne, der blühenden Natur, der jubelnden Kinder, entfaltete seinen Lyrismus auch in den Stunden der Einsamkeit , Verlassenheit, Grabeselegie : und am männlichsten vielleicht, wenn er für einen Augenblick den Weg im Urwald der Erkenntnis des Lebens verloren hatte. Jedoch diese pessimistische Periode war ein bloßer Übergang.