- 368 in dieser Enge kaum verbreiten, seine Früchte konnten da nicht reif werden, denn in diesem Lande, wo der rauhe Kampf ums Dasein allzubald die besten Kräfte erschöpft, folgt auf den Sommer gleich der Winter. Herbes Schicksal eines Dichters in Böhmen! Diese rein menschliche Tragik eines Dichterlebens mußte eine so sensitive Natur, wie es Jaroslav Vrchlicky war, schmerzlich berühren. Wird es wohl jemand versuchen, das Werk, dessen Schöpfer durch die Fügung eines strengen Schicksals in eine kleine Nation verschlagen wurde, würdig und glorreich in dessen geistige Heimat einzuführen, Weltlitteratur genannt? Schon im Jahre 1878 sind als begeisterte Jünger Vrchlickys einige jüngere, meistens unbedeutende Dichter aufgetreten, die ihrem Musenalmanach wiederum den berühmt gewordenen Namen »Maj« gaben. Vrchlicky selbst, der die führende Rolle Victor Bugos gern gespielt hätte, bemühte sich später jahrelang, verwandte und treue Schüler um sich zu sammeln, und hat für sie öfters eine Lanze gebrochen. Es waren dies geschickte Formtalente, welche die komplizierte Verskunst ihres Meisters nachahmten; poetische Kosmopoliten, die ihre poetischen Stoffe ebenfalls aus der Legende, Sage und Geschichte der verschiedensten Völker und Zeiten holten, proteusartige Eklektiker, welche mit den verschiedensten Ideen und Kulturen spielten; doch keiner von ihnen hat seine persönliche Note, seine dichterische Eigenart gefunden. Einige Übergangstalente versuchten die kosmopolitische Kunstform Vrchlickys mit älteren Traditionen, ja sogar mit slavjanophilen Tendenzen zu verbinden; dieses Bestreben scheiterte aber vollständig. So besang der schwermütige Südböhme Otakar Mokry (1854-1899), ein treuer Freund Zeyers, mit den poetischen Mitteln der Schule V rchlickys die landschaftliche Eigenart und die historische elegische Stimmung seiner Heimat und knüpfte dabei öfters an die polnischen Romantiker an, die er mit Geschmack und Gewandtheit übersetzt hat. Bei denselben polnischen Lehrmeistern hat sich Frantisek Kvapil (geh. 1855), gleichfalls ein feiner Litteraturkenner und Umdichter, gebildet; seine mittelmäßige, aber ehrliche Begabung stellte er in den Dienst der Erneuerung der russischen Heldensage, die ihm nur ein Vorwand zu breiten, farbensatten Schilderungen wurde. Während diese