Sechzehntes Ka piteI. Der Realismus in der cechischen Novellistik und im Drama. Die patriotische Schule schwelgte in ihren historischpolitischen Träumen, und die ihr entgegengesetzte kosmopolitische Gruppe irrte in der poetischen Ferne; da fing das realistische Interesse für die unmittelbare Wirklichkeit des täglichen Lebens nur ganz allmählich an sich zu regen. Auch hier hat bereits die von HaIek und Neruda geführte Generation neue Ziele gewiesen, ja teilweise auch selbst neue Bahnen gebrochen; Halek und Svetla, die bedeutendsten Erben der Bozena Nemcova, bedeuten bei all ihrer romantischen Handlungskonstruktion und idealistischen Charakteristik einen großen Fortschritt in der Schilderung des cechischen Volkslebens ; Neruda eroberte mit seiner skizzenhaften Technik des novellistischen Genres das Großstadtleben für die Litteratur; Pfleger, ein Schüler der jungdeutschen Schule, begründete den cechischen sozialen Roman. Doch diese neueröffneten Wege wurden allzubald verlassen; die meisten Schriftsteller der siebziger und achtziger Jahre verdarben durch unangenehm aufdringliche Moral, durch gewaltsame patriotische Tendenz, durch einen faden, verlogenen Idealismus, durch süßliche Sentimentalität wieder das lebenstreue Bild der Wirklichkeit. Nun mußte die realistische Kunst wieder erobert werden, und so bildet das langsame Erwachen des Wirklichkeitssinnes und der Kampf um den Realismus die eigentliche Geschichte der cechischen Novellistik in den achtziger Jahren. Einige Motive, die für die Entstehung der realistischen Richtung entscheidend waren, liegen allerdings außerhalb der Litteratur: es ist vorerst die große ethnographische Bewegung, welche dann in den neunziger Jahren ihren Höhepunkt erreichte, und der mährische Regionalismus, der, in dem politischen und