- 390 Litteratur, der es stets an bedeutenden Humoristen gefehlt hat, den Humor mit dem Maßstabe der Herrmannschen Komik Zu messen und nach seinem Muster zu beurteilen pflegt, und daß Herrmann bereits N achahmer gefunden hat. Der cechische Gesellschaftsroman besaß allerdings die Bedingungen zu seiner eigentümlichen Entwicklung, doch diese mußten durch fremden Einfluß gelöst und in Bewegung gebracht werden; diese wichtige Rolle fiel dem russischen Roman zu. Schon früher wurde der russische Realismus der cechischen Litteratur nahegelegt. Havlicek führte Gogol ein, das Schrifttum unter Halek beschäftigte sich liebevoll mit Goncarow und Turgeniew, dessen ~Aufzeichnungen eines JägerS( eine tiefe Spur in der cechischen Prosa hinterließen. Nun aber wurde der russische Realismus, besonders wie ihn Tolstoj und Dostojevskij vorstellen, ein litterarisches Losungswort: ihre hellseherische Psychologie, die sich mit unbarmherziger Strenge in die dunkelsten Abgründe der Menschenseele einbohrt , ihre grausame Gesellschaftskritik, ihre erhabene Ethik, die das Christentum bis zu seinen letzten Konsequenzen durchdenkt und praktisch anwendet -- dies alles bewunderte man mit andächtiger Begeisterung. Eine vorzüglich redigierte ~Ruska knihovnac (~Russische Bibliothek(, seit 1886) brachte außer den genannten Klassikern Turgeniew, Goncarow, Tolstoj, Dostojevskij und Gogol auch die anregenden Werke von Pisemskij, Saltykow-Scedrin, Leskow; doch auch andere realistische Psychologen und originelle Denker wie Garschin, Cechov, Gorkij, Andrejev, Mere~kovskij wurden übersetzt und gelesen. Einige Schriftsteller, wie der Slavjanophile Jaromir Hrubj, der Globetrotter Pavel Durdik, der temperamentvolle Sturmvogel des Naturalismus Vilem MrsHk, widmeten ihre freien Stunden ausschließlich dem Übersetzen der russischen Meisterwerke; ja, auch russische Litteraturkritiker, Belinskij und Dobrojubov, fanden in Böhmen Beachtung. Kaum einer von den realistischen Erzählern in Böhmen hat sich von dem russischen Einfluß ferngehalten ; doch niemand hat ihn vielleicht so selbständig und organisch verarbeitet wie der fruchtbare Novellist Fra n t i s e k X. Sv 0 b 0 d a (geb. 1860). Der vollblütige gesunde Bauernsohn hat sich zuerst lyrisch als ein impressionistischer Landschaftsmaler und ein zarter, wenwenig trockener Erotiker versucht; bald aber glaubt man in