- 324 Aus jüngeren katholischen Dichtern hat sich eine ganze litterarische Schule, die sogenannte ~Katholische Modernec gebildet; sie stand teils unter Dvofaks Einflufs, teils unter unmittelbarer Einwirkung der französischen und katalanischen Poesie, teils aber schlofs sie sich am engsten an das Volkslied an und wollte die gesamte katholische Dogmenlehre, ja das ganze Leben vom Höhenpunkte eines niedrigen Kirchturmes aus besingen. Dies scheiterte jedoch als ein unglücklicher Versuch, den auch die Annäherung an den Reformkatholizismus nicht mehr retten konnte. Ein reiner Künstler im Gegensatze zu diesen dichtenden Priestern, die immer auch geistlich-kirchliche Ziele verfolgen, ist Jaromir Borecky (geb. 1869) wohl der bedeutendste unter V rchlickjs Schülern; die französische Maxime »Kunst für Kunsh hat in ihm die vollständige Erfüllung gefunden. Sein lyrisches Erstlingswerk »Rosa mysticac (1891), der zarte, duftige Traum einer scheuen, angekränkelten Dichterseele , eröffnete die Neuromantik in Böhmen. Boreckjs edle Gothik, seine morbide Erotik, seine verträumte Melancholie wurden für die moderne ~echische Lyrik bestimmend. Dabei trennte sich Boreckj nicht von seinem Meister, wie es die meisten Modernen damals taten, ja, in seinen späteren Gedichten näherte er sich ihm noch mehr. In mehr als einer Hinsicht ist mit Borecky der gleichaltrige Ja r 0 s I a v K v a p i I (geb. 1868) verwandt. Auch er begann als begeisterter Jünger Vrchlickys, auch er schlofs sich an diejenigen neufranzösischen Dichter an, welche V rchlickj in die cechische Litteratur eingeführt hatte; auch er bemühte sich um eine vollendete, komplizierte Formkunst , die farbenreich und melodiös zugleich sein wollte. Sein poetisches Hauptthema war immer die Liebe; doch dieses Thema wird bei K vapil immer neu variiert: zuerst war es eine sinnliche, schwüle Erotik des raffinierten Kulturmenschen, dann die beglückende dankbare Liebe zu einer angebetenen hervorragenden Frau, die er bald in seinen tiefempfundenen und beifsblütigen Versen als sein Weib besingen durfte; endlich war es zarte, intime Lyrik, die sich aus ihren schmerzvollen Klagen über die fliehende Jugend in das stille Glück des friedlichen Heimes flüchtet. Kvapils Muse zeigte immer Vorliebe für das zaubervolle sinnige Märchen, und so ist Andersen K vapils Lieblingsdichter ; er hat dann auch einigen Märchen gelungene dramatische