- 366 dem mystischen Symbolismus, der synthetischen Kunst zuzuwenden. Von den riesenhaften Adlersflügeln der dichterischen Vision getragen, von dem mystischen Windeswirbel der Ekstase getrieben, stürzt der Dichter zu dem kosmischen Mittelpunkt des Weltalls. Doch seine streng wissenschaftliche Erkenntnis und seine einwandfreie konstruktive Logik läCst ihn bei seinem schwindeligen Fluge in die luftigen Gegenden der Abstraktion das Gleichgewicht nicht verlieren, so daCs es Bfezina bereits gelungen ist, ein neues ganz gesetzmäCsiges System der Mystik zu schaffen, welches der exakten Denkart und dem leidenschaftlichen Pulsschlag der modernen Zeit durchaus entspricht. In dieser Mystik, die neben dem Neuplatonismus und der christlichen Geheimlehre auch naturwissenschaftliche, der positiven Forschung entnommene Ideenelemente mit einem Maeterlinckschen Gedankenpathos verarbeitet, kehrt ein grandioser Gedanke immer wieder: das gesamte Weltalist in endloser Evolution, ist in ewiger Entwicklung begriffen, an der alles Denken und Geschehen, sämtliche Individuen und Völker, Pflanzen uud Tiere, Bergmassen und Gewässer mitarbeiten müssen, und die zum mystischen Urprinzip, zum geheimnisvollen göttlichen Willen hingravitiert. Diese mit groCser Mannigfaltigkeit variierte und paraphrasierte Idee ist bei Bfezina jedoch kein lebloses philosophisches Schema, keine trockene Abstraktion, er verleiht ihr eine wundervolle poetische Schönheit, eine hohepriesterliche Weihe, einen berückenden künstlerischen Zauber. Auf BI'ezinas erwähnte Sammlungen folgen noch ~Die Passatwinde« (1897), ~Die Tempelerbauen (1899) und ~Hände( (1901); von Buch zu Buch wird seine Verskunst kraftvoller und satter; grofsartige Farbenvisionen und symphonische Rhythmengebilde strömen von Licht, Leben und Freude über; kühne, ganz eigenartige Metaphern gewinnen immer mehr an Schönheit, Plastik und innerer Bedeutung, so dafs sie gleichzeitig die Sinne bezaubern und den Gedankenflug fördern; immer enger schlieCst sich Bfezinas prophetenhafter und litterarischer Stil, den ich mit dem erhabenen Pathos eines Stephan George vergleichen möchte, an seinen philosophischen Gedankengang, an seine ideelle Konstruktion an. Der Dichter hebt in transzendenter Synthese die Widersprüche und Antithesen des menschlichen Daseins auf; über das soziale Elend triumphiert sein unerschütterlicher Glaube an die