15 Formen und Motive - Denkmäler aus dieser vorliterarischen Zeit sind nur spärlich, und noch dazu verzeichnet und in späteren Fassungen erhalten, die wohl nicht tiefer als in das 18. Jh. hinabreichen, übrigens ein Zeitraüm, aus dem uns sonst dichterische . Erzeugnisse in beklagenswert geringer Zahl zur Verfügung stehen. Aber eine eingehende Analyse dieser Volkserzeugnisse, die sowohl das Stilistische als auch das Stoffliche ins Auge faßt, weist auf eine viel ältere Grundschicht hin, die in den. meisten Fällen bis zu den Wurzeln der slavischen Einheit hinabführt, die sonst unter dem vielschichtigen Kulturaufschutt verborgen liegt - wie es nun kühn und problematisch ist, die gemeinslavischen Züge in der cechischen Kunstliteratur aufdecken zu wollen, so ist andererseits richtig und notwendig, diesen schlechthin slavischen Zügen in der cechischen Volkspoesie nachzugehen; hier murmelt und rauscht, mit den Worten des Dichters gesprochen, die Musik der Quellen. Wofern es sich um ein authentisches und unmittelbares Bild der Volksseele handelt, lassen sich mit dieser Volkspoesie auch nur im entferntesten nicht die Kunstprodukte der den niedrigen Schichten entstammenden Schriftsteller vergleichen, die bestrebt sind, entweder unter dem Einfluß eines romantischen Volkskultus, oder unter Mitwirkung eines modernen Ethnographieinteresses das wahre Wesen der Volksseele festzuhalten. Zwischen Vorhaben und Verwirklichung liegen hier regelmäßig künstliche Theorien, bewußte oder unbewußte Muster heimischer oder fremder Literatur, Widerhall. der Literaturmoden, den Originalvorwürfen wird dadurch eine vielfache Umwandlung zuteil, die sie aber von den authentischen Lebensvorlagen entfernt - den äußerst eigenartigen" und doch nur künstlichen Schöpfungen des Celakovsky und Erben, der Nemcova und Novakova, des Hole{:ek und Herben mag man zugestehen, daß das Landvolk wohl ihr Objekt gewesen ist, ˆ ihr Schöpfer war es nicht. In den ältesten Zeiten der cechischen Literaturentwicklung rührt die gesamte literarische Produktion von zwei Klassen her, einerseits von der P~iesterklasse, die infolge der ganzen Kirchenorganisation der lateinischen Internationalität huldigt, andererseits aus dem niederen Ritteradel, der sich zwar die westliche Feudalkultur zu eigen macht, aber dabei überaus treu und entschieden, im Kontrast zu dem stark germanisierten Hochadel, das Nationalbewußtsein wahrt und wehrt. Mit der fortschreitenden Demokratisierung der Gesellschaft, welche schon die Hussitenstürme ankündigt, dringt der niedere Klerus und das Bürgertum